Besuch in der Oper

Besuch in der Oper 1024 772 Dirk Zupancic

Ein Opernbesuch ist für die meisten Musikliebhaber ein besonderes Ereignis. Schon die Vorfreude auf den musikalischen Genuss bringt so manchen Opernfan dazu, den Abend im Geiste planerisch vorwegzunehmen: Was werde ich anziehen? Wer ist die perfekte Begleitung? Wo sollen wir im Anschluss essen gehen? Und nicht zuletzt: Wie kann ich mich auf das ausgewählte Stück am besten vorbereiten?

Auch wenn eine solche Planung manchem übertrieben erscheint: Natürlich ist ein Opernbesuch ein Freizeitvergnügen. Dennoch gilt: Eine gewisse Planung vergrössert dieses Vergnügen ungemein.

Sicherlich gibt es auch Menschen, die Opernkarten spontan kaufen, sich den Termin freihalten und nicht weiter über den Ablauf des Abends nachdenken, bis es soweit ist. Die Kleidung wird dann ebenso intuitiv ausgewählt und wer gerade Zeit und Lust hat, kommt mit. Nach der Veranstaltung entscheidet man sich aus praktischen Gründen für ein Restaurant, das am Weg liegt. Das ist natürlich alles legitim, wenn ausschliesslich der musikalische Aspekt, viellleicht auch die Freude am Spontanen, im Vordergrund steht – aber stilvoll ist es nicht.

Vor allem geht dabei vieles von dem verloren, was Oper eigentlich ausmacht: Die Opernveranstaltung ist nicht nur ein künstlerisches Ereignis, sondern auch ein soziales und ein ästhetisches. Es geht daher auch darum, die Nebenaspekte des Abends so schön wie möglich zu gestalten, sich und seiner Begleitung durch ein angenehmes und ansprechendes Ambiente zu einem Gesamterlebnis zu verhelfen, an das man sich auch nach Jahren noch gerne erinnert. 

Wie funktioniert das am besten?

Elegante Kleidung für die klassische Oper: Ein Zeichen des Respekts

Kleider machen Leute – und ihre Träger den Rahmen einer jeden Veranstaltung. Niemand würde wohl in einem Businessanzug auf ein Popkonzert gehen, weil das zu Recht als unpassend und nicht dem Anlass entsprechend empfunden würde. Die Oper spielt in einer anderen Liga. Hier hat sich in den letzten Jahren leider ein Trend zu legererer Kleidung durchgesetzt, der dem festlichen Anlass einfach nicht entspricht.

Ein Gegentrend ist allerdings ebenfalls bemerkbar: Immer mehr Opernbesucher und -besucherinnen – auch sehr junge – finden Freude daran, sich für einen besonderen Anlass auch besonders schick zu kleiden. Das ist erfreulich, denn es spiegelt eine holistische Betrachtungsweise des Ereignisses wieder: Wir sind als Besucher und Besucherinnen gewissermassen Teil der Gesamtinszenierung, wir betrachten und werden betrachtet, und wir geben mit unserem Auftreten ein Statement ab: Der Anlass ist es uns wert, uns von unserer elegantesten Seite zu zeigen.

Die passende Kleidung für die klassische Oper sorgfältig auszuwählen sollte deshalb eine Selbstverständlichkeit sein. Für den Herren von Welt bedeutet das: Eine festliche oder zumindest elegante Kleiderauswahl, Premieren am besten im Smoking, passendes Schuhwerk und dezente, hochwertige Accessoires – denn ein untadelhaftes Äußeres ist ein Zeichen des Respekts vor der Kunst, den Künstlern und den Künstlerinnen.

Die richtige Wahl des Stückes und der Begleitung

Bei all den Vorbereitungen soll der eigentliche Zweck des Opernbesuchs natürlich nicht untergehen: Der Musikgenuss und die Freude an einer künstlerisch anspruchsvollen, gut inszenierten Aufführung bilden ja den Mittelpunkt des Abends. Wie überall im Leben sind Geschmäcker und Vorlieben natürlich verschieden. Um es auf den Punkt zu bringen: Wer Mozart mag, muss Wagner nicht unbedingt geniessen können – und umgekehrt.

Es versteht sich daher von selbst, dass sich ein passionierter Opernbesucher mit seiner Begleiterin abstimmt, damit der Abend für beide zum Genuss wird. Denn alleine geht niemand gerne in die Oper – Damenbegleitung ist meist erwünscht. Das gilt umso mehr, wenn mehrere Personen einen gemeinsamen Opernabend miteinander verbringen möchten. Es empfiehlt sich dann, den Spielplan schon sehr frühzeitig zu studieren und ein Stück vorzuschlagen, das leicht breite Zustimmung findet.

Als Beispiel möchte ich hier den „Freischütz” von Carl Maria von Weber anführen. Ganz nebenbei bemerkt: Das war meine erste Oper als junger Mann, damals von meinen Eltern für mich ausgewählt, um mich mit dieser Art von Kultur vertraut zu machen. Ein mitreissendes, farbenfrohes und von Stimmgewalt dominiertes Stück, das in Böhmen kurz nach Ende des dreissigjährigen Krieges spielt und von der zeitgenössischen Kritik als „erste deutsche Nationaloper” bezeichnet wurde. Das zugängliche, volksmärchenhafte Werk mit seiner romantischen Musik wurde bei der Erstaufführung in Berlin im Jahr 1821 mit frenetischem Applaus bedacht und hat bis heute nichts von seiner Wirkung auf das Publikum verloren. Dazu tragen starke Stimmen, starke Charaktere, Spannung in der Handlung und nicht zuletzt wunderbare Bühnenbilder (unvergesslich ist die „Wolfsschlucht“ der Deutschen Oper am Rhein) bei. Ein Stück auszuwählen, mit dem man eigentlich nicht falsch liegen kann, ist vor allem dann anzuraten, wenn die Opernkarten als Überraschung für die Begleitung gedacht sind.

Perfekt wird der schönste Opernabend nämlich erst durch die soziale Komponente: Ob mit einer eleganten Dame, lieben Kollegen oder einem befreundeten Paar – eine harmonische Abstimmung bezüglich der Gestaltung des Abends ist wichtig. Denn es geht ja nicht nur um den musikalischen Genuss, auch der Rahmen sollte passen.

Vor der Vorstellung und in der Pause: Sehen und gesehen werden

Ein Teil des Vergnügens an einem gelungenen Opernabend ist das „Drumherum“: Vor der Vorstellung in charmanter Damenbegleitung einen Aperitif im Foyer zu nehmen und dabei die hereinströmenden Operngäste zu beobachten, während der Pausen herumzuflanieren, zu sehen und gesehen zu werden – auch das macht den Genuss eines solchen Abends aus. Nichts ist anregender für den Kulturgenuss als ein Pausengespräch über die bisherigen Höhepunkte der Aufführung und die Erwartungen an den weiteren Verlauf.

Wer das aufgeführte Werk bereits kennt, ist im Vorteil – es lassen sich Vergleiche mit vergangenen Opernbesuchen ziehen, Erinnerungen an besonders gelungene Darbietungen hervorholen oder ganz allgemein über Vorlieben für bestimmte Stilrichtungen oder Interpreten diskutieren. Aber jenseits aller Fachkenntnis gilt es vor allem auf das das eigene Gefühl zu hören. Genuss ist subjektiv. Im Idealfall macht man das alles mit einem prickelnden Gläschen Sekt oder Champagner in der Hand, bevor das Klingeln ertönt, das zur Rückkehr an die Plätze lädt.

Wenn der Vorhang fällt…

Auch die gelungenste Opernvorstellung geht irgendwann zu Ende. Jetzt ist es Zeit, die Leistung der Sängerinnen und Sänger mit einem kräftigen Applaus zu würdigen – und zwar selbst dann, wenn nicht alles hundertprozentig den eigenen Erwartungen entsprochen hat. Es gibt im Theater oder in der Oper keine unmittelbarere Art, Respekt vor der Kunst zu bezeugen und den Darstellern für eine tolle Performance zu danken: Je tobender der Applaus, desto höher die Anerkennung für ihren künstlerischen Einsatz. Applaudieren ist eine Möglichkeit der direkten Kommunikation mit dem Ensemble, den Musikern und Musikerinnen und letztlich mit allen an der Darstellung Beteiligten. Dazu aufzustehen, wenn die Leistung besonders gefallen hat, und mit „Standing Ovations“ Respekt zu zollen, ist nochmals besonders. Das sieht man vor allem an den Gesichtern des Ensembles.

Man sollte auch niemals den Platz verlassen, bevor die Darsteller und Darstellerinnen zum letzten Mal auf der Bühne erschienen sind – das wäre ihnen gegenüber respektlos und wird auch von Sitznachbarn meist als störend empfunden.

Der kulinarische Schlussakt

Zum perfekten Ausklang eines gelungenen Opernabends gehört selbstverständlich auch ein gutes Essen. Dabei muss es sich um kein mehrgängiges Menü handeln. Zu später Stunde ist ein leichtes Abendessen die bessere Wahl. Der Genussprofi hat hier bereits vorgesorgt und einen Tisch in einem passenden Restaurant reserviert – denn nichts ist ärgerlicher, als sich nach einem anregenden und unterhaltsamen Abend erst auf die Suche nach einer offenen Gaststätte machen zu müssen. Und schließlich soll ja auch hier das Ambiente passen, die Atmosphäre entspannt und angenehm sein und nicht zuletzt auf die Speisevorlieben der Begleitung Rücksicht genommen werden.

Eine geschickte Auswahl vorausgesetzt, wird der gemeinsame Restaurantbesuch zum krönenden Abschluss eines wunderbaren Abends: Hier ist Gelegenheit, sich in aller Ruhe – und vielleicht bei einem guten Tropfen Wein – noch einmal über das Erlebte auszutauschen, Kritik oder Bewunderung zu äußern, entspannt im Kerzenschein zu plaudern. Im besten Fall führen die Inspiration und der Enthusiasmus, die man aus der Vorstellung mitgenommen hat, zum Pläneschmieden für weitere genussvolle Abendveranstaltungen in der nahen Zukunft.

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